Die üblichen Verdächtigen
Schon wieder kalt erwischt. Oft, sehr oft hört man diesen Satz, wenn man nach abrupten und erzwungenen Reorganisationen, Anpassungen im Geschäftsmodell oder nach einem Projektabbruch vor der Frage steht, warum man bestimmte Dinge nicht früher registriert hat.
In der Tat. Vor bösen Überraschungen ist man nie gefeit, aber ein grosser Teil dieses resilienzgefährdenden Aspekts im Unternehmensmanagement ist anerzogen, fast schon pseudoreligiös institutionalisiert.
Die Vertreter der Optimierungsindustrie würden mir wahrscheinlich jetzt mit heftigster Widerrede entgegentreten. Aber die tunnelblickartig angetriebene ständige Optimierung von Abläufen, Strukturen und Ressurcen zugunsten eines einzigen Ertrags-, Kosten- oder Wettbewerbszieles war und ist das Credo vieler. Und führte schon zu manchem Desaster, für das am Ende keiner zuständig sein wollte, weil man eben “kalt” erwischt wurde…
Nicht wenige Unternehmen unserer Zeit haben sich so entwickelt, wie zu frühesten Zeiten hocheffiziente Karnivoren. Beispiel dazu, die Säbelzahntiger die fokussiert auf eine oder einige Kernkompetenzen, ihr Dasein im kühlen Pleistozän genossen, bevor Ihnen das plötzliche Ende der Eiszeit und das aussterbende Mastodon einen Platz in unseren Museen angedeihen liess.
Optimiert darauf, kurz zu sprinten, schnell zu beissen und nur das Filetstück zu vertilgen, hatte diese Spezies einfach vergessen, dass es da draussen noch eine Welt gab, die sich verändert. Noch mehr hat diese Spezies war sich nicht mehr bewusst, welche Fähigkeiten es kontrollieren, aufbauen und anpassen musste, um später auch mit kleinerem Wild überleben zu können (so wie viele durchoptimierte Unternehmen heute).
Moral von der Geschicht: Optimierte Beisserchen wirken wahrlich beeindruckend, aber schön kann man auch in Schönheit mit ihnen sterben. In einem Szenario abrupten “Klimawandels” haben vor ca. 10000 Jahren vor unserer Zeit eigenartigerweise jene Arten überlebt, die in ihrem evolutionären Setup “resilienter” gegen plötzliche Veränderungen waren. Pumas gab es damals auch schon, sie hatten eben nicht so schön polierte Reisszähne wie ihre Best Practice gestählten grossen Brüder.
Nehmen wir nun diese Metapher und stellen wir uns hier einmal die Frage, welche Faktoren eigentlich innerhalb eines Unternehmens dafür sorgen, dass man entweder an Resilienz verliert oder über mehr und mehr an Resilienz verfügt. Wissend, dass Resilienzfähigkeiten nur dann gebraucht werden, wenn das Wirtschafts- und Wettbewerbsumfeld nicht von Konstanz, sondern von Umbruch, Unterbruch oder Aufbruch, sprich Veränderung geprägt ist.
Will man sich also “so aufstellen”, dass es einem nicht mehr so kalt erwischt, so hilft es, das eigene Unternehmen einmal “durchzudenken”. Und zwar so, dass man Schritt für Schritt folgendes beachtet.
Resilience Equation @2022 Capability Development Framework
Die Zielgrösse ist immer die gesamthafte Widerstandsfähigkeit des Unternehmens, welches immer dieser Kardinalfrage folgt: Warum existierst du als Unternehmen (was ist also dein Daseinszweck) und wie willst die diesen Daseinszweck auch in widrigen Umständen gewährleisten?
Wenn man das einmal weiss, wird einem relativ schnell bewusst, was man kontrollieren und steuern sollte, um im Anlassfall böse Überraschungen austarieren zu können. Sicher ist, es gibt immer ressourcenbasierte oder fähigkeitsbasierende Einflussfaktoren die hier mitwirken.
Erklärung dieser Metapher: Drei Dinge braucht es zum Erfolg:
einen Daseinszweck
Ressourcen oder die Kontrolle über die Ressourcen, die zur Zielerreichung notwendig sind
Fähigkeiten, die unter Nutzung der bestehenden Ressourcen zur Zielerreichung eingesetzt werden
Würde man also im Rahmen eines regelmässigen jährlichen Zyklus hergehen und sein Unternehmen systematisch in dem Sinne hinterfragen, wo und an welchen Einflussgrössen es sinnvoll wäre mehr “Resilienz” zu erlauben, würden die darauf folgenden Massnahmen immer auf ein Gesamtziel ausgerichtet sein, und deren Wirkung würde auch nicht so schnell verpuffen.
Resilience Equation @2022 Capability Development Framework
Der Vorteil an diesem Ansatz. Derartige Reviews lassen sich “einzeln”, also auch ohne Auftrag von “oben” durchführen - sprich die Linie kann genauso wie früher ihren Leistungs- und Verbesserungsbeitrag an das Gesamtergebnis des Unternehmenszieles nachweisen und sich absichern, auch wenn von oben her nichts geschieht.
Die gesamte Führung aber, kann gesamthaft ein viel wirksameres Risiko- und Erfolgsmanagement aufbauen, ohne sich in komplizierten Frameworks oder Einzelpunkten so zu verheddern, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr erkennt.
Was es dazu bräuchte wären einzig und allein, wiederholbare und nachverfolgbare Assessments und Auswertungen, die diese Resilienzfaktoren regelmässig nachtracken und prüfen.
Diese gibt es schon, man muss nur wissen, wo man sie findet. Ein Beispiel dazu wäre eine Sammlung an Resilience-Assessments und Resilience-Tools, mit denen man für sich ständig eine Standortbestimmung (Einflussfaktoren), aber auch eine Lagebeurteilung im Rahmen einer Entscheidungssituation (Entscheidungssituation) durchführen kann.
Wissend, dass am Ende eines derartigen Checks immer eine Massnahmen zu setzen sind. Zumeist aber ist das kostengünstiger, als permanentes Krisenmanagement zu betreiben und dafür Budgets zu bemühen, die womöglich gar nicht mehr vorhanden sind.
Nächster Blog: Welche Auswirkungen der Technology-Stack eines Unternehmens auf die gesamthafte Widerstandsfähigkeit desselben hat…