Rette sich wer kann…

Unternehmen können noch so widerstandsfähig sein, eine Kette von Fehlentscheidungen und es entsteht eine Dynamik, die kaum noch zu beherrschen ist. So könnte man es zusammenfassen. Aber an welchen Vektoren hängen nun Entscheide, an denen Unternehmen wachsen statt scheitern können.

Es sind zwei Einflussfaktoren:

  • Die Fähigkeit Erkanntes auch als relevant zu verarbeiten

  • Die Fähigkeit zu reagieren

Am besten hat dies ein Testpilot und späterer Papst im Bereich der Kybernetik beschrieben. Jeffrey Ashby, Space Shuttle Commander und späterer Mentor von Jeff Bezos analysierte die Entscheidungsmuster im Rahmen von Krisensituationen - zwar nicht zum Zwecke des “unternehmerischen Überlebens”, sondern nur um Technologie “krisenfest” zu gestalten. Aber die Mechanismen finden heute auch im organisational Design Anwendung. Warum wird bald dem Leser klar.

Ashbey fand heraus, dass im Rahmen einer Entscheidungssituation zwischen der Menge an zu verarbeitenden Reizen bzw. Informationen zur “Abarbeitungskapazität” der betroffenen Person oder Organisation steht. Wer also seine “eigenen Verarbeitungsgrenzen” nicht kennt (Adaptive Frontier), hat schon mal schlechte Karten.

Dem steht ein weiteres Grundgesetzt des Krisenmanagements gegenüber: Je mehr Reize man verarbeiten muss und je weniger Zeit man hat, um sich der Herausforderung zu stellen, desto verbleibt man in der “Perish Zone” und hat keinerlei Chance sich erfolgreich anzupassen geschweige denn zu überleben.

Was also in geordnetem Umfeld vielleicht noch einfach zu bewältigen ist (weil wenige Abweichungen, schwache Signale und Risikoindikatoren) wird in komplexem oder chaotischem Umfeld zur Mission Impossible. Vor allem dann, wenn man

  1. Die “Reize” bis zur Unendlichkeit ausblendet um sich der Illusion hinzugeben, das rettende Ufer erreicht zu haben (Man könnte auch sagen, den Kopf in den Sand stecken, oder hoffen, dass der Sturm vorbei geht

  2. Sich fluten lassen, und sprichwörtlich wie ein “kopfloses Huhn” so lange herumirren, bis das Grauen vorbei ist

Wenn man diese Metapher also auf “resiliente Organisationen” umlegt, so bleiben folgende “Arbeitsthesen”

  • Verschaffe einem Entscheider durch entsprechenden Informationsfluss ausreichend Möglichkeit, zwischen “relevant” und “irrelevant” unterscheiden zu können

  • Sorge dafür, dass durch geeignet ausgebildetes und trainiertes Personal

    • Das Erkennen und Einstufen “relevanter” Gefahrenindikatoren so erfolgt, dass man nicht gänzlich durch “Reizüberflutung” und “organisationaler Paranoia” gelähmt ist. Sprich ein System aufgebaut wird wo du

      • Erkennst

      • Einstufst

      • Reagierst

      • Lernst

    • Die Verarbeitungs- und Entscheidungsfähigkeit so aufgebaut ist, dass

      • man delegieren und adaptiv entscheiden kann

      • früher an der Front reagiert werden kann

      • Entscheide von der “Zentralinstanz” nicht verzögert werden

Was hier noch sehr “einfach” klingt, wurde aber die letzten paar Jahrzehnte durch Unterlassung einer spezifischen “Einstellungspraxis” glorios ad absurdum geführt. Risikoerkennung und Delegationsfähigkeit.

Man hat in der Regel nach folgendem Muster eingestellt:

  • Überschaubares Rollenprofil - höchstmögliche “Ersetzbarkeit” des Kandidaten von Beginn an - Optimale Erfüllung des Rollenprofiles - möglichst “billig” einstellen - Entwickelt wird das Personal nur dann, wenn es zwingend notwendig ist - Potentiale, Kompetenzen des Kandidaten im Zusammenhang mit der zukünftigen Entwicklung des Unternehmens und damit auch die künftige “Passform des Kandidaten” standen aussen vor

    • Dieses Muster funktioniert nur dann, wenn man im “ordered” Kontext ist und eine zeitnahe Rekrutierung von Fachkräften ohne Einarbeitungszeit vorausgesetzt wird - Es sei mir als Verfasser dieses Posts erlaubt, hier anzumerken, dass ein derartiges Szenario mehr und mehr illusorisch erscheint…

Wer sich also im heutigen Business Kontext nicht bald Gedanken zu einem strukturierten und gezielten Aufbau von Personal kümmert, dass einem auch in stürmischen Zeiten zur Seite steht, wird schlechte Karten haben.

Abschliessend kann gesagt werden: Das Skill- und Kompetenzmanagement wird wohl für viele COOs und HR-Verantwortliche das Kernthema der Zukunft sein, wenn sicherstellen wollen, dass Ihre Organisationen auch ausserhalb ihrer Komfortzone gut leben wollen.

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Enterprise-Resilience - Schwache Signale und der “Iceberg of Ignorance”